• Buchtipp: Muskelverletzungen im Sport aus dem Thieme Verlag

    Über mehrere Wochen hatte ich eines der ersten Exemplare der überarbeiteten und ergänzten Neuauflage des Buches Muskelverletzungen im Sport von Dr. med. H.-W. Müller Wohlfahrt, Dr. med P. Ueblacker und Dr. med Lutz Hänsel, allesamt Fachärzte für Orthopädie und Sportmedizin, bzw. Unfallchirurgie und Chirotherapie in Händen - und werde es auch nicht mehr loslassen.

    Kann ein Fachbuch "spannend" geschrieben sein?

    Es kann, zumindest empfindet das jeder so, der vorab durch seine Berufsausbildung in einem bewegungsfachspezifischen Beruf, ob Physiotherapeut, Sporttherapeut, Sportarzt oder auch Sportlehrer /Trainer im interdisziplinären Team, rund um den Leistungs- und auch den Amateursport im Verein, ständig mit der "Materie, Sportler, Patienten und Trauma" zugegen" ist.

    Gleich vorab: Die Rezension des Buches kann dem Gesamtwerk gar nicht gerecht werden.

    "Muskelverletzungen im Sport" hat ca 500 Seiten und beleuchtet, informiert tiefgründig, dabei reichlich illustriert, das Kernthema aus vielen Blickwinkel und Facetten. Aus der Sicht der verschiedenen Berufsbilder und Professionen heraus, die im günstigsten Fall - Hand in Hand - zusammenarbeiten, das Wohl des Patienten und Sportlers im Mittelpunkt des ganzen Bemühens "begreifend".

    Aus dem Inhalt:


    Buch: Muskelverletzungen im Sport aus dem Thieme Verlag"Funktionelle Anatomie der Skelettmuskulatur." Dieses erste Kapitel empfand ich schon als spannend. Es ist nicht nur eine gute Wiederholung dessen, was man als Physiotherapeut über die Anatomie während seiner Ausbildung "gebüffelt" hat. Bei den meisten von uns ist das nämlich schon geraume Zeit her. So gibt es einiges an neuen Erkenntnissen und tiefere Einblicke, nicht nur in die Strukturen, sondern auch in die Histologie und die Funktionalität der Muskeln, Sehnen, die Innervation und den Bewegungsapparat.

    Das folgende Kapitel 2 beschäftigt sich mit den "physiologischen Grundlagen unter sportphysiologischen Aspekten", eine Ausweitung des ersten Themas eben, dabei spielt der Stoffwechsel hier eine entscheidende Rolle und der Muskel in seiner direkt Bewegungsfunktion.

    Kapitel 3 "Molekular- und Zellbiologie der Muskelregeneration" - Es geht um die Heilung und Regeneration verletzter Muskelstrukturen. Welche lokalen Therapien können eingesetzt werden? Kann mit einer bestimmten Form von Ernährung, gezielten Nahrungssubstitutionen (Vitamine, Aminosäuren, Mineralien, Spurenelemente und Antioxidantien) und eventueller Gabe von Medikamenten ein Heilungsprozess beschleunigt werden?

    Die Thematik wird offen diskutiert, so offen und positiv wie zuvor kaum in einem Fachbuch.

    Die positive Einstellung gegenüber Nahrungsmittelergänzungen fällt besonders auf, die diese entgegen dem "aktuellen Mainstream" steht. Auch auf Stoffwechselentgleisungen, wie den PH wert wird eingegangen. Wobei dies nichts mit der profanen Basen/Säuren Haushalt Theorie zu tun hat.

    Sportverletzung - ein existenzielles Problem

    Wichtig, da nicht nur bei Leistungssportlern, ein traumatisches Ereignis hat Einfluss auf Karriere, Existenz und Einkommenssicherung, nicht nur beim Profi Leistungssportler, sondern auch beim ambitionierten Hobbysportler(in) der, die täglich im Beruf und/oder Familie seine(n) Frau / Mann stehen muss.

    Das Kapitel über die "Klassifizierung und die Anamnesemöglichkeiten" bei der klinischen Untersuchung von Sportverletzungen gibt Einblick in die tägliche Tätigkeit des Sportmedininers und schafft einen gemeinsamen Sprachkonsens mit den im Heilungsprozess ebenfalls involvierten "Teamplayern", wie Physiotherapeuten, Sporttherapeuten und Sportlehrern.

    Differenzialdiagnosen des Muskelschmerzes

    Es durchaus Schmerzbilder die nicht eindeutig und auf den ersten Blick einzuordnen sind, deshalb gibt es ein Kapitel: Differenzialdiagnosen des Muskelschmerzes.

    Muskeln sind Kopfsache

    Sehr überraschend: "Die Bibel macht noch das Fleisch für die Sünde verantwortlich, wohingegen wir heute alleine dem Gehirn die Verantwortlichkeit zuweisen: Das Fleisch ist willig, aber das Gehirn ist schwach" - dieses Thema wird unter Gehirnforschern kontrovers diskutiert. Dies zum Anlass nehmend wird der Einfluss der Psyche in "Verhaltensneurologie und Neuropsychologie auf Muskeln und beim Sport" ausführlich erläutert. Dies ist ja insofern auch für die tägliche Physiotherapie Praxis wichtig, da die Neurologie, zumindest bei bestimmten somatischen Auffälligkeiten, in der täglichen Praxis zu wenig Beachtung findet - oder?

    Stop... stop... stop... die Buchbesprechung wird zu lang, doch folgende Sätze müssen einfach noch sein:

    "Myofaszialen Release Techniken"

    Natürlich wird auch auf den Einsatz sämtlicher physikalischen und physiotherapeutischer Maßnahmen eingegangen. Bei der Bebilderung der "Myofaszialen Release Techniken" treffen wir wohl auf das bekannteste Gesicht der physiotherapeutischen "Szene" Klaus Eder, mit excellenten Einblicken in seine Arbeitsweise und Praxis.

    Aufbautraining nach Sportverletzungen

    Zum Schluss noch schnell ein Blick auf eine weiteres Ausführliches Kapitel, Nr. 15: "Die Bedeutung des Aufbautrainings nach Muskelverletzungen" Auch dieses Kapitel ist reichhaltig illustriert, mit vielen Übungen, Die Funktionalität in Bezug auf die verletzten und zu regeneriernden / zu heilenden Strukturen und Krankheitsbilder, und die methodische Anwendung im "Trainingsbetrieb" werden ausführlich erörtert und diskutiert.

    Mein ganzer Respekt den Verfassern, die nicht nur ihr Können und tägliche Erfahrungen aus der Praxis in dieses Buch eingebracht haben, sondern auch jede Menge ihrer sicherlich spärlichen Freizeit. Ein Umstand, der sich erahnen lässt wenn man die Widmungen an die Familien von H.-W. Müller-Wohlfahrt, P. Ueblacker und L. Hänsel liest. Die wenigsten von uns dürften selbst bereits ein Buch geschrieben haben, ich bin mir aber sicher, dass die meisten Leser des Buches zu dem Schluss kommen werden:

    Das Buch "Muskelverletzungen im Sport":

    Ein neues "essentielles" Standardwerk in der Sportmedizin und Sport-Physiotherapie, das sich nicht nur zum Studium und zur Auffrischung eignet, sondern neue Erkenntnisse und Wissen "gut und haptisch" zum Leser transportiert. Auch: Ein ideales Nachschlagewerk, das im akuten Fall jederzeit griffbereit in Reichweite bereitstehen sollte.