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Gast2324
Frage zur manuellen Therapie
Hallo,
Heute haben wir manuelle Therapie kennengelernt, ein interessantes Fach.
Der Lehrer konnte uns jedoch trotz mehrfachem Nachfragen eine Frage nicht beantworten:
Rotatorische Bewegungen werden in anatomische und funktionelle eingeteilt. Anatomisch bewegen sich in einer Richtung.
Funktionelle hingegen wiederum in gekoppelte und nicht gekoppelte Bewegungen, sind aber immer mehrachsig!
Der Lehrer hat uns das so erklärt, dass funktionelle nicht gekoppelte zum Beispiel ex/flex in der Hüfte ist. Aber das ist doch eine anatomische Bewegung oder???
Versteht ihr meine Frage?
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Ich bitte um eure Hilfe, habe schon die Unterlagen 1000mal durchgesehen und komme nicht weiter...
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K.F.
???
Hi Sappalot!
Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was dein Ausbilder euch damit sagen wollte.
Die einzigen Bewegungen die ich in der Manuellen Therapie kenne ist das rollen und gleiten.
Die Gelenkbewegungen sind meist eine Kombination von beiden Bewegungen (Vielleicht meint der das).
Nimm mal ein Rad was auf der Straße steht. Wenn du das Rad nach vorne treibst, erfährt es einen Weggewinn.
Der Widerstand ist beim Rollen am geringsten, aber das Rad verlässt völlig seine Ausgangsposition.
Würde man das ganze auf ein Gelenk (Kniegelenk) beziehen, würde der Oberschenkel nach einer bestimmten Strecke vom Unterschenkel runterfallen.
Damit dies nicht passiert gleitet der Oberschenkel im gleichen nach vorne um das Runterfallen zu verhindern.
Man kann also sagen der Gelenkpartner rollt in die eine Richtung und als Ausgleich gleitet er in die entgegengesetzte Richtung.
Beim reinen Gleiten ist die Bewegungsrichtung gleich.
Ich hoffe dir geholfen zu haben.
Liebe Grüße
Klaus
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APM
Hallo Sapperlot,
Klaus hat - natürlich wie immer - recht.
Hoffe dir aber dennoch weiterhelfen zu können.
Ich denke, dass du deinen Lehrer falsch verstanden hast (oder der Lehrer benutzt die falschen Ausdrücke, oder der Lehrer hat es selbst nicht verstanden).
Bei der Beschreibung von Gelenkbewegungen kann man zwischen
Osteokinematik und
Arthrokinematik unterscheiden.
Die osteokinematische Bewegung ist die Bewegung des Knochens, die du von außen sehen kannst: der Oberschenkelknochen nähert sich dem Bauch = Flexion Hüftgelenk.
Die arthrokinematische Bewegung ist die Bewegung, die innerhalb des Gelenkes passiert = eine Zusammensetzung von Rollen und Gleiten: z.B. bei Flextion der Hüfte rollt der Femurkopf nach ventral und gleitet nach dorsal.
Durch dieses Roll-Gleiten vergrößert sich der Bewegungsspielraum innerhalb eines Gelenkes (siehe Klaus - ziehe Grafik).
Wir bleiben beim Beispiel Hüfte:
Osteokinematik = Flexion
Arthrokinematik = Rollen nach ventral + gleiten nach dorsal
Zur Arthrokinematik:
meist (nicht immer!!!) besteht ein Gelenk aus einem konvexen und einem konkaven Gelenkpartner (Beispiel Hüftgelenk: der Femurkopf ist konvex, das Acetabulum ist konkav).
Bewegt man den konvexen Gelenkpartner ist das Rollen und Gleiten entgegengesetzt (im Acetabulum rollt der Femurkopf in eine Richtung und gleitet in die entgegengesetzte Richtung).
Bewegt man das Acetabulum um den Femurkopf ist das Rollen und Gleiten gleichgerichtet (das Acetabulum rollt und gleitet in die selbe Richtung (bei Flexion Hüftgelenk rollt und gleitet das Acetabulum nach ventral um den Femurkopf).
Um das zu kapieren nimmst du am besten deine beiden Hände, die eine spielt den konvexen Femurkopf (Faust) und die andere das konkave Acetabulum (hohle Hand). Bewegst du nun deine Faust in deiner hohlen Hand rollt deine Faust in eine Richtung und gleitet gleichzeitig in die entgegensetzte Richtung.
Bewegst du deine hohle Hand um deine Faust rollt und gleitet deine hohle Hand in die selbe Richtung.
Rotation ist eine in der MT sogenannte Spin-Bewegung, da rollt nichts und gleiten tut auch nichts, der Gelenkpartner bewegt sich arhrokinematisch um nur eine Achse.
Bei Flex, Ext, Abd, Add besteht die Bewegung aus einer zusammengesetzten Bewegung, nämlich Rollen und Gleiten. Es ist arthrokinematisch also keine reinachsige Bewegung.
Das alles hat aber rein gar nichts mit funktioneller Bewegung zu tun. Dieser Begriff hat hier absolut nichts zu suchen.
Völlig fremd ist mir in diesem Zusammenhang auch der Begriff "gekoppelte Bewegung".
Gekoppelte Bewegungen sind osteokinematische Bewegungen, die zwangsweise zusammen gehören: so ist z.B. die Rotation zwischen Kopf und 2. Halswirbel gekoppelt mit einer Lateroflexion zwischen Kopf und 2. Halswirbel zur Gegenseite. Ohne diese Lateroflexion ist eine endgradige Rotation des Kopfes nicht möglich (Grund hierfür ist die Spannung der Lig. Alaria, die diese Kombinationsbewegung "erzwingt", also „koppelt“).
Ich denke, dass dein Lehrer vielleicht gekoppelte Bewegung sagt aber zusammengesetzte Bewegung meint.
Hoffe dich nicht völlig verwirrt zu haben...
Gruß von susn
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Gast2324
Wow, super!
Ich werde noch einmal mein Skript bemühen, und dann sehen, wie ich eure Antworten darauf ummünzen kann.
Wenn ich mir immer noch nicht sicher bin, dann frage ich weiter...
Ich danke Euch, hat mir auf jeden Fall einiges klarer gemacht!
Tschööö
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Gast2324
Soooo,
Ich schon wieder!
Ich habe mit Mitschülern Rücksprache gehalten, und mir ein Buch aus der Bibliothek angesehen, das von der DGOMT herausgegeben wurde.
Auch dort findet sich eine Aufteilung aller rotatorischen Bewegungen in anatomische und funktionelle, wobei die funktionellen in gekoppelte und nicht-gekoppelte aufgeteilt werden. Das war eine Grafik.
Naja, wir haben das Fach morgen wieder, wenn ich es bis dahin verstanden habe, kann ich es ja mal hier herein texten...
Vielleicht habe ich meine Frage nur komisch gestellt...
Danke euch, machts gut!
PS: K.F., woher hast Du diese tolle Grafik???
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K.F.
Hi Sapperlot!
Das sind zwei Bücher über Manuelle Therapie. Ist ein ideales Geschenk für Weihnachten Geburtstag etc. Kostet die Kleinigkeit von knapp 100 € je Buch.
Programmierte Untersuchung des Bewegungsapparates und
Programmierte Therapie des Bewegungsapparates von Herbert Frisch.
Sauteuer aber saugut.
Ist aber für jetzt noch zu umfangreich. Wenn du eine MT Fortbildung machst und neben den Kursgebühren noch Geld übrig hast dann....
Liebe Grüße
Klaus
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APM
Hallo Sapperlot,
in meinen sechs MT-Büchern (Fritsch, v.d. El, Dvorak, Bischoff) ist von den dir beschriebenen Ausdrücken keine Rede. Auch auf allen meinen MT-Fobis hatte ich nie davon gehört.
Habe mir von einer Kollegin heute morgen das Buch "Wirbelsäule, Manuelle Untersuchungen und Mobilisationen von Kaltenborn) mitbringen lassen, und hier bin ich fündig geworden.
Ich denke, dass sich die folgenden Begriffe NUR auf Bewegungen der Wirbelsäule beziehen, da hier nie "reine" Bewegungen wie in den Extremitäten vorkommen, da die Bewegungen der WS immer Bewegungen mehrer Gelenke sind.
Alle Bewegungen der WS werden nach Kaltenborn unterteilt in:
1. einfache Bewegungen
a) Rotationsbewegungen, welche nach Kaltenborn Ventralflex, Dorsalext, Laflex und Rotation sind.
Diese Bewegungen werden als "anatomisch" bezeichnet, weil es "künstliche" = reinachsige Bewegungen sind, die in der Natur so nicht vorkommen (die natürlichen Bewegungen sind nach Kaltenborn "zusammengesetzte Bewegungen" (später mehr dazu) also nur passiv ausgeführt werden können).
b) Translationsbewegungen, welche nur passiv möglich sind:
Traktion, Kopression und Gleiten
2. Zusammengesetzte Bewegungen, werden nach Kaltenborn "funktionell" bezeichnet, da es Bewegungen sind, die aktiv ausgeführt werden können.
a) gekoppelte Bewegungen sind Bewegungen, die aktiv ausgeführt "automatisch" geschehen = physiologisch sind.
Diese Bewegungen sind immer mehrachsig, und ergeben sich aus der Geometrie der Wirbelgelenke und der Ligamente:
So ist z.B. bei in Flexionsvoreinstellung der BWS die Rotation gekoppelt an eine Latflex zur selben Seite.
D.h.: bittest du einen Patienten sich nach vorne zu beugen und dabei gleichzeitig den Oberkörper zur rechten Seite zu drehen, wird der Patient automatisch eine Latflex zur rechten Seite ausführen.
b) kombinierte, nicht gekoppelte Bewegungen sind Bewegungen, die zwar auch aktiv ausgeführt werden können, aber nicht gekoppelt = nicht physiologisch sind, d.h., dass man sie zwar aktiv ausführen kann, sie sich aber nicht automatisch ergeben, sondern bewusst gesteuert werden müssen: z.B. Flexionvoreinstellung der BWS, Patient soll nun nach rechts drehen dabei aber zur linken Seite die Latflex ausführen.
Versuche es selbst einmal und du wirst merken, dass eine Rotation nach rechts mit Latflex nach links weniger Bewegungsausmaß ergibt als eine Rotation nach rechts mit Latflex nach rechts.
Kaltenborn beziechnet diese kombinierte, nicht gekoppelte Bewegung selbst als "fälschlicherweise unphysiologisch", da
z.B. hypermobile Patienten gerne so bewegen um eine bessere Stabilität zu erreichen.
Sorry, ich habe deinem Lehrer wirklich Unrecht getan mit meiner Vermutung, dass er sich vielleicht falsch ausgedrückt hat oder es vielleicht selbst nicht verstanden hat. Diese Mutmaßungen habe ich ausschließlich meiner Unwissenheit zuzuschreiben, sorry, sorry, sorry!!!
Somit haben auch meine Erläuterungen in meinem ersten Beitrag NICHTS mit den von deinem Lehrer verwendeten Ausdrücken zu tun. Mein Erklärungsansatz bezog sich auf die Roll-Gleit-Bewegungen, die innerhalb des Gelenkes stattfinden (Arthrokinematik). Die von deinem Lehrer verwendeten Ausdrücke beziehen sich auf allgemein mögliche Bewegungen der Knochen (Osteokinematik).
Gruß von susn
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